Hallo Freunde der Nacht!
Es
geht weiter in der Welt Zwischen Göttern und Teufeln, in der sexy
Vampire noch Menschenblut trinken und die Menschen nicht unschuldige
Opfer sind, sondern auch hart zurückschlagen können. Heute mit Kapitel sechszehn.
Viel Spaß und ein dunkles Lesevergnügen. Eure Laya Talis
Bitte beachten:
Kopieren und weiterverbreiten des Textes ist nicht gestattet! Danke für euer Verständnis.
Wer es nicht abwarten kann oder mich unterstützen möchte: Das komplette Taschenbuch gibt es hier bei Amazon: Amazon (Taschenbuch)
Und das E-Book ebenso hier: Amazon E-Book und auf allen anderen gängigen E-Book-Plattformen.
Der Pakt - Zwischen Göttern und Teufeln, Band eins:
Jessica
Eine Stunde zuvor
Die
Großraumdiskothek unterschied sich zunächst nicht sehr von anderen angesagten
und exklusiven Clubs in New York. Laute Musik, verschiedene Bars, kleine
Bühnen, auf denen die angestellten Tänzerinnen und Tänzer in knappen Kostümen
die Atmosphäre anheizten.
Das
Publikum war gemischt. Aufgrund des hohen Eintrittspreises war die Schicht, die
hier vertreten war, aber vermutlich zu den besser Verdienenden zu zählen.
Jessica konnte diesen Laden nicht leiden und hätte ihn auch nicht gemocht, wenn
deren Besitzer nicht zufällig ein widerlicher Blutsauger gewesen wäre.
Abgesehen davon, dass sie den Eintrittspreis ohnehin nicht hätte aufbringen
können.
Sie
und Frank waren an den wartenden Gästen vor dem Eingang einfach vorbeigegangen.
Frank hat zielsicher auf einen der unsterblichen Türsteher zugehalten und
Jessica hatte erstaunt beobachtet, wie sich sein Gesichtsausdruck ab dem Moment
verändert hatte, wo die Vampire sie entdeckten. Franks Züge waren
undurchdringlich, falsch geworden –
eine Maske, hinter der er seine wahren Gefühle verbarg. Es war das erste Mal,
dass Jessica ihn mit Vampiren sprechen sah und es kam ihr vor, als würde
plötzlich ein anderer Mann neben ihr stehen.
Frank
hatte den breitschultrigen Vampir freundlich angelächelt und ihm ihre Einladung
vorgezeigt. Der Vampir hatte kurz auf die Karte geguckt, sein Handy gezückt und
etwas Unverständliches hineingesprochen.
Was
war das für eine Sprache? Schwedisch oder so?
Nach
einem kurzen Moment verstaute er das Telefon wieder in seiner schwarzen
Lederjacke und nickte Frank und Jessica zu. Er trat zur Seite und zeigte durch
die Tür. Frank bedankte sich und zog Jessica mit hinein.
Herzlich willkommen im
Bloody Banquette. Hängen Sie Ihre Mäntel und Jacken dort rechts auf und Ihre
Waffen bitte hier links abgeben. Ach, und zum Kotzen beugen Sie sich einfach
nach vorn. Die Hunde werden es schon auflecken und wenn Sie damit fertig sind,
Ihren Arsch beschnüffeln und Ihnen Ihr Blut aussaugen, dachte Jessica missmutig.
Kaum
waren sie im Gebäude, trat eine schlanke, sehr attraktive, blonde Vampirin auf
die Beiden zu. Ihr Lächeln war genauso unecht, wie das von Frank. Ihre blauen
Augen musterten Jessica flüchtig, dann sah sie wieder zu Frank.
„Mr
Mcbright. Wie schön, Sie wiederzusehen“, flötete sie und beugte sie sich
tatsächlich etwas nach vorn, stellte sich auf ihre Zehenspitzen, und küsste
Frank auf die Wange, als wären sie die engsten Freunde.
„Pfoten
weg, Blutsauger!“, zischte Jessica sofort und mit einem Ruck zog sie Frank hinter
sich.
„Jessica!“,
sagte Frank ernst und sein Griff um ihren Arm war so fest, dass es schmerzte.
„Verzeihen Sie, Madam Marit. Ms Sommers ist eine Wächterin und gewohnt, andere
zu schützen. Es lag nicht in ihrer Absicht, Sie zu beleidigen. Entschuldige dich,
Jessica.“
Bitte? Hatte Jessica sich verhört?
Die
Vampirin runzelte ihre glatte, hohe Stirn und blickte erwartungsvoll zu ihr.
Frank
ließ Jessica los und trat hinter ihr hervor. „Jessica!“, forderte er sie wieder
auf.
Jessica
entging nicht der drohende Unterton in Franks Stimme. Scheiße. Sie waren keine Minute hier und schon hatte sie getan, was
Frank ihr verboten hatte. Einen verfluchten Parasiten beleidigt.
„`tschuldigung“,
presste sie hervor und glaubte an diesem einen Wort ersticken zu müssen.
Die
hübsche Vampirin strich ihre Bluse glatt, obwohl sie einwandfrei an ihrem
makellosen Körper saß und machte eine einladende Geste mit ihrer Hand. „Mein
Vater erwartet Sie, Mr Mcbright. Folgen Sie mir bitte.“
„Vater?“,
raunte Jessica Frank leise zu.
Die
Vampirin war schon voraus gegangen und schaute lächelnd über ihre Schultern zu Jessica
und Frank. Mit ihrem vampirischen Gehör hatte sie Jessica, trotz der unangenehm
lauten Geräuschkulisse, sehr genau verstanden. „Ja. Niklas ist mein Vater. Sie
sind heute unsere Ehrengäste, daher hat er mich beauftragt, Sie persönlich zu
ihm zu bringen. Das ist eine Auszeichnung, die er ansonsten nur einem Master
oder hochrangigen Vampir gewährt.“
Sie
schoben sich zielsicher durch die Menschenmenge und Jessica verspürte den
inneren Drang, der blonden Kuh vor ihr mit ihrem Fuß in den Hinterkopf zu
treten und ihre perfekte Frisur zu ruinieren. „Aha.“ Als wenn Jessica sich
geehrt fühlen würde! „Wie kann Niklas Ihr Vater sein? Ich dachte, jeder Vampir
schießt nur noch mit Platzpatronen und kann nicht- Autsch!“
Frank
kniff ihr warnend in ihren Arm und unterbrach sie dadurch mitten im Satz.
Jessica
schielte zur Seite und formte mit ihrem Mund ein erneutes `tschuldigung`.
Die
Vampirin blieb abrupt stehen, wandte sich zu ihnen um und neigte ihren Kopf
abschätzend zur Seite. Sie wirkte belustigt und nicht die Spur beleidigt. „Sie
haben Recht. Vampire sind zeugungsunfähig, aber Niklas war schließlich auch
einmal ein Mensch. Und selten, äußerst selten, erkennen wir freie Vampire einen,
den wir unsterblich machten und besonders zugetan sind, als unser Kind an, Ms
Sommers. Die Anrede Vater oder Mutter ist dann die gebräuchliche. Doch Niklas
ist tatsächlich mein leiblicher Vater.“
Dieser
Blutsauger hatte seine eigene Tochter verwandelt? Wenn Jessica ihn nicht
ohnehin schon nicht hätte ausstehen können, so wäre es spätestens jetzt der
Fall. Wie alt mochte Marit gewesen sein, als ihr `Daddy` ihr das Blut ausgesaugt hatte? Da Vampire immer faltenfreie
Haut hatten, war ihr Alter schwer zu schätzen. Irgendetwas Kindliches hatte die
blonde Vampirin jedenfalls nicht mehr an sich. Nicht mit den runden Hüften und
diesem sexy Gang.
„Oh
… Sicher … Ist ihre Mutter auch ein Blut- äh, Vampir, Madam Marit?“
Die
Frau drehte sich um und ging weiter. „Sie ist tot. Darf ich Sie Jessica nennen?
Sie gefallen mir. Sie sind so erfrischend direkt. Ihnen fehlt jedwedes Gespür
für Diplomatie, aber Sie sind ja auch nur eine Wächterin“, säuselte die
Vampirin.
Erfrischend direkt,
he? Jessica brodelte und
zwang sich die Klappe zu halten. Franks warnende Blicke spürte sie fast
körperlich auf sich.
Sie
standen jetzt vor einem gläsernen Fahrstuhl, dessen Türen sich bereits
öffneten. Die Vampirin Marit überließ Frank und Jessica den Vortritt, was
Jessica nur widerwillig akzeptierte. Sie hatte nicht gern einen Parasiten im
Rücken, deshalb betrat sie seitlich den Fahrstuhl, ohne ihre Feindin aus den
Augen zu lassen. Marit zog aus der Gesäßtasche ihrer schwarzen Jeans eine
Plastikkarte, in der Größe einer Kreditkarte, steckte sie in den Schlitz
unterhalb der Tastenarmatur des Fahrstuhles und drückte auf die zwei.
„Das
zweite Stockwerk, Jessica, ist nur für Vampire und geladene, sterbliche Gäste.
Man braucht diese Keycard, um dorthin zu gelangen. Natürlich wird es künftig nicht üblich sein, dass so niedrige
Mitglieder der Organisation, also Wächter wie Sie, hier Zutritt haben“,
erklärte sie.
Wächter wie ich, he?
Blöde Schnepfe!,
dachte Jessica. „Das ist ja spannend“, sagte sie und imitierte den freundlichen
Tonfall Marits, mit einer Prise Sarkasmus gewürzt. „Übrigens. Sie können mich
niederes Wesen ruhig Ms Sommers nennen, Marit!“
Hey! Jessica wollte nicht per `Du` mit einer Blutsaugerin werden und sich auch
nicht mit ihrem Vornamen ansprechen lassen. Bedauerlicherweise war Frank
anderer Meinung als sie.
„Ich
denke, es ist durchaus angemessen, wenn dich Madam Marit nur Jessica nennt“,
sagte Frank und klang kühl und bestimmend. „Und du wirst sie so ansprechen, wie
es sich gehört.“
Jessica
ballte ihre Hände zu Fäusten, da Frank ihr in den Rücken fiel. Auf wessen Seite
stand er eigentlich? Die Vampirin fuhr ihre Krallen aus und Frank schupste sie
ungeschützt nach vorn, damit dieses Miststück sie kratzen konnte.
Marit
lehnte sich in dem großräumigen Fahrstuhl an die durchsichtige Wand, Frank und
Jessica gegenüber. Sie schlug ihre langen Beine lässig übereinander, ihr Blick
war interessiert, doch unnahbar. Fehlte nur noch die Reitgerte in der Hand, und
mit ihrem strengen Zopf, der engen Jeans und den High Heels könnte sie die
perfekte Domina mimen.
„Mr
Mcbright. Mein Vater spielt gerne Spiele, aber er ist es gewohnt die Regeln
festzulegen. Ich denke nicht, dass er die Impertinenz Ihrer Wächterin zu
schätzen weiß. Vielleicht weisen Sie sie noch einmal daraufhin, weswegen sie
hier ist.“
Franks
Lächeln wurde breiter und er verbeugte sich leicht. „Ich dachte, wir sind hier,
weil Ihr Vater gerade die Impertinenz meiner ersten Wächterin zu schätzen
weiß.“
Die
gläsernen Fahrstuhltüren öffneten sich mit einem leisen Ping-Geräusch.
„Nein.“
Die Augen der Vampirin wurden schmal und sie klang plötzlich nicht mehr, als
wollte sie jemanden verführen, sondern verdammt ernst und gefährlich. Sie
stellte sich in den Fahrstuhleingang und hielt so die Türen geöffnet. „Sie ist
hier, weil mein Vater Zerstreuung sucht. Ihre überaus hübsche Wächterin, die
den Ruf genießt eine der besten Kämpferinnen der Organisation zu sein, hat sein
Interesse geweckt. Er testet seine Grenzen aus und will Master Friedrich in die
seinen verweisen. Ein Spiel um die Macht, eine Klarstellung, wer der wahre
Herrscher dieser Stadt und dieses Distriktes ist. Ms Sommers kommt meinem Vater
dabei gerade recht. Er verbindet gern das Nützliche mit seinem … Amüsement.“
Wie
Marit Amüsement betonte, gefiel
Jessica ganz und gar nicht.
„Eine
Machtdemonstration? Darum geht es ihm vornehmlich?“ Frank flüsterte nur noch.
„Sie warnen mich. Wieso? Ich habe Ihre Loyalität gegenüber Ihrem Vater nie
angezweifelt.“
„Das
sollten Sie auch nicht. Ich bin ihm treu ergeben. Als Tochter und auch als
seine Vampirin, Frank.“
Oho. Jessica entging es nicht,
dass Marit Frank auf einmal sehr vertraulich ansprach. Hatte Frank öfter mit
ihr zu tun? Ihr war vorher nie bewusst gewesen, wie wenig sie über seine Arbeit
als Vermittler wusste.
„Ich
habe aber kein Interesse daran, dass er den Pakt mit der Organisation
gefährdet. Unser König und der erste Vampir haben sehr deutlich gemacht, dass
sie es nicht dulden, wenn das Abkommen gebrochen wird. Sollte das passieren,
wird der Verantwortliche von Antonius gerichtet und da Niklas mein Vater ist,
würde ich ebenso getötet werden. Ich hege nicht den Wunsch zu sterben und ganz
gewiss nicht durch die Hand der Bestie. Ich
kann mir denken, dass Sie nicht wollen, dass es wieder zu einem Krieg zwischen
uns kommt. Wenn es so wäre, begänne er heute Nacht, genau hier, und Sie und
Ihre charmante Wächterin wären die ersten und mit Sicherheit nicht die letzten
Opfer. Stimmen Sie Ihr Verhalten auf diese neue Erkenntnis ab, Frank.
Machtspiele sind sehr gefährlich. Auch wenn Niklas ein geübter Spieler ist,
fürchte ich, dass das reizende Benehmen Ihrer Wächterin seinen Stolz verletzen könnte.
Er ist es nicht gewohnt, dass man ihm keinen Respekt erweist und erst recht
wird er es nicht hinnehmen, von einer sterblichen Frau beleidigt zu werden. Aus
Spiel wird allzu schnell Ernst. Besonders bei Vampiren. Nicht außer Acht lassen
sollten wir zudem die Anwesenheit Ihres Masters, was die Sache zusätzlich
kompliziert. Master Friedrich ist klug, aber ihn wird sein menschliches
Ehrgefühl, was ich als seine größte Schwäche betrachte, vielleicht dazu
verleiten, unüberlegte Dinge zu tun. So wie Jessica ritterlich zur Seite zu stehen,
nur weil mein Vater möglicherweise dem köstlichen Duft von ihrem Blut erliegt.“
Marit lächelte und neigte ihr Haupt vor Frank. „Ich kenne Sie seit Jahren, mein
menschlicher Freund. Sie sind kein Mann, bei dem die Ehre über Verstand siegen
könnte. Schreiten Sie daher ein, bevor die Situation, wegen Master Friedrichs
Schwäche, womöglich eskaliert.“
Köstlicher Duft? Blut?
Heilige Scheiße! Jessica
schielte verunsichert zu Frank. Sein Gesicht blieb ausdruckslos und verriet
nichts von dem, was er dachte.
„Master
Friedrich tut nie etwas unüberlegt. Er ist ein Vermittler der Organisation,
Madam Marit. Das Spiel um Macht ist keinem von uns unbekannt.“
„Was
für Machtspiele? Was soll dieser Blödsinn?“, fragte Jessica und ihre
Nackenhaare stellten sich auf. Master
Friedrich? Der Master war hier? Das
auch noch! Jessica war ihm noch nie begegnet und dass sie ihn nun so
unerwartet treffen sollte, machte sie nur noch nervöser.
Marit
lachte leise auf und verließ endlich den Fahrstuhl.
Jessica
zwirbelte den Kreuzanhänger, der um ihren Hals an einer silbernen Kette hing.
„Frank?“, flüsterte sie zaghaft. „Bitte sag nicht, dass ich-“ mich beißen lassen muss! Jessica
schluckte. Sie konnte den Satz nicht beenden.
Franks
Gesicht zeigte noch immer eine freundliche Maske und seine Stimme war ruhig und
sanft. Seine Aufmerksamkeit galt ungeteilt der Vampirin. „Ich lasse meine
Wächterin nicht zu einem Spielball werden, Madam Marit. Genauso wenig wie
Master Friedrich. So gut sollten Sie mich kennen.“
„Niklas
reagiert sehr unbeherrscht, wenn man ihm sein Spielzeug vorenthält. Begehen Sie
keinen Fehler nur wegen Ihrer kleinen
Wächterin.“
Okay,
das war zu viel!
„Blondie, ich bin niemandes Spielzeug! Sag das deinem widerlichen Daddy. Er
soll sich seine Fangzähne in seinen eigenen Hintern schieben.“
„Jessica!“
Frank ohrfeigte sie blitzschnell auf beide Wangen.
Erstaunt
und gedemütigt starrte sie ihn an. Mit dieser Reaktion hatte sie überhaupt
nicht gerechnet, und um ein Haar hätte sie seine Hand abgefangen und ihn
aufgehalten. Doch das durfte sie natürlich nicht tun. Er war ihr Vermittler. So
stand sie mit vor Zorn geröteten Wangen einfach nur da.
„Verzeihen
Sie nochmals, Madam Marit.“ Frank nickte der Vampirin zu. „Wächter werden nur
zum Kämpfen ausgebildet. Ms Sommers ist es nicht gewohnt, mit Ihresgleichen zu
sprechen.“
„Nein,
Ihresgleichen schlitze ich ansonsten
nur auf“, murmelte Jessica, was ihr einen erneuten zornigen Blick von Frank
einbrachte.
„Hm,
denken hätte man Ihren Wächtern
beibringen können … Jessica?“ Die blonde Vampirin trat dicht zu Jessica heran.
Sie war ein gutes Stück kleiner als die Wächterin, trotz ihrer hohen Schuhe.
„Ich wollte Sie eben nicht beleidigen.“
„Natürlich,
Madam.“ Schon klar. Blöde, untote
Schlampe! Jessica schaute schnaufend auf die andere Frau hinab.
Marit
lächelte und zuckte ihre Achseln. „Ich bin neugierig, was heute noch alles
passieren wird.“ Ihre kühlen Finger streichelten über Jessicas Wange und sie
gurrte dabei verführerisch. „Ahh, so warm und weich. Mein Vater hat eine
Vorliebe für menschliche Frauen, Jessica. Genau wie ich.“ Schon drehte sie sich
um und schritt über den kleinen, schmalen Flur zu der breiten Flügeltür an
dessen Ende. Niemand, außer ihnen, war hier. Die Musik von den unteren
Stockwerken drang nur gedämpft herauf.
Es
gab nicht viele Momente, in denen sich Jessica so allein gelassen und hilflos
gefühlt hatte wie jetzt. Eine Vorliebe
für menschliche Frauen? Verfluchte Scheiße! Noch deutlicher hätte sie es
wohl kaum ausdrücken können. Jessica schluckte schwer und sah Frank abwartend
an.
Frank
fuhr sich mit einer Hand nervös über sein Gesicht und holte tief Luft. Dann war
seine Ruhe zurück und er verbarg seine Gefühle wieder tief in sich. „Das
Abkommen muss bestehen bleiben, Jessica. Du bist eine Wächterin. Du hast nicht
nur die Menschen, sondern alles zu schützen, was der Rat als schützenswert
betrachtet. Dazu gehört auch der neue Pakt. Wir dürfen ihn nicht gefährden, nur
weil Niklas dir zu nahe tritt. Du verstehst mich?“
Zu nahe tritt? „Frank. Nein! Das kannst du
nicht von mir verlangen!“ Kaltes Entsetzen machte sich in ihr breit.
„Dein
Leben ist nicht in Gefahr, solange du dich an das hältst, was wir schon
besprochen haben.“
„Mein-
mein Leben?
Und was ist wenn er mich … wenn er mich-“, sie schluckte schwer, „beißen wird?
Er muss mich ja nicht gleich töten, verdammt! Frank, ich will das nicht, ich kann das nicht!“, brachte sie erstickt
hervor.
„Solange
ich nicht einschreite, lass Niklas tun, was er will. Zier dich nicht so. Es ist
zum Wohle der Organisation. Du bist eine Wächterin. Jedes Opfer ist von dir zu
erbringen, wenn es notwendig ist“, entschied Frank kühl.
Jedes Opfer? Jedes? Wie weit würde er Niklas
gehen lassen?
„Ich
lasse mich weder von ihm befummeln, noch kriegt der mein Blut!“, sagte Jessica
entschieden und schüttelte heftig ihren Kopf. „Das kann ich nicht. Bei Gott,
ich bitte dich. Ich könnte es nicht aushalten, wenn er- bitte Frank.“
Erinnerungen brachen sich ihren Weg in ihren Kopf. Kalte Hände, die sie auf ihr
Bett drückten, ihr das Nachthemd hochschoben und ihre Schenkel spreizten. Der
Schmerz, als sich die scharfen Zähne in ihren Hals bohrten. Das Brennen, als
ihr das Blut aus den Adern gesaugt wurde und das widerliche Lachen der beiden
Blutsauger, als sie sie schlugen, immer wieder bissen, unerbittlich festhielten
und – sie vergewaltigten. Sie war damals kaum achtzehn Jahre alt gewesen und
ihre Ausbildung zur Wächterin noch nicht abgeschlossen. Sie war ihnen hilflos ausgeliefert
gewesen, als die Vampire Silverrock überfallen hatten.
Jessica
ballte ihre Hände zu Fäusten und brauchte ihre ganze Selbstbeherrschung, um
nicht davonzurennen. Sie wollte ihre SIG, ihre Messer und jedem gottverdammten
Parasiten in diesem beschissenen Club das Herz herausschneiden – nachdem sie
ihnen ein paar Löcher in den Kopf geschossen hätte. Sie fühlte, wie ihr der
Schweiß ausbrach.
„Tu
das, was ich dir sage, und zeige den Vampiren gegenüber Respekt. Du bist eine
Wächterin. Du wirst gehorchen!“ Franks Augen blitzen regelrecht vor
unverhohlener Wut auf.
Er
war wütend auf sie? Wieso? Die Vampire waren hier die Bösen und nicht sie!
„Frank!“
Jessica konnte vor Schreck und Enttäuschung ihren Mund nicht mehr schließen.
War das der Mann, der vor wenigen Stunden noch angedeutet hatte, dass er sich
vorstellen konnte, sie zu heiraten? Und jetzt zog er es in Erwägung, dass ein
verfluchter Parasit sie als Blutbeutel missbrauchte?
„Gehorche
Wächter! Und halte dein vorlautes Mundwerk im Zaum. Du wirst höflich sein und
du wirst dich nicht zur Wehr setzen, falls Niklas wirklich-“ Frank brach ab.
Nach kurzem Zögern strich er ihr flüchtig über ihren Arm. Ein Witz von einer
zärtlich gemeinten Geste. „Ich schreite ein, wenn er zu weit gehen sollte.“
„Scheiße!
Ist das
wirklich dein Befehl?“ Frank antwortete ihr nicht, was ihr die Antwort gab.
Ohne ein weiteres Wort folgte Frank der Vampirin, die ihre Hände auf die beiden
bronzenen Klinken der grauen Flügeltür gelegt hatte und geduldig auf sie
wartete. Jessicas Muskeln waren so fest angespannt, dass ihr ganzer Körper
schmerzte. Sie spürte wie etwas in ihr zerbrach. Frank würde sie opfern. Für
dieses beschissene Abkommen mit diesen verfluchten Parasiten. Und es schien ihn
nicht einmal viel Überwindung zu kosten.
Dafür
waren nicht tausende Menschen gestorben. Verdammt! Der Krieg hatte genau so
etwas beendet. Menschen waren nicht länger dafür da, um als grausame
Unterhaltung für die Blutsauger herzuhalten.
Jessica
wollte jeden Blutsauger tot sehen und Frank sollte sich zur Hölle scheren!