Auszug aus Kapitel zwei:
…
Jessicas Körper spannte sich kampfbereit und wachsam an, doch vorerst zog sie
sich noch weiter in die Hausnische zurück und spähte die düstere Straße
herunter. Aus einer Seitengasse traten zwei Gestalten.
„Vielleicht
sollten wir ihm zeigen, wie man eine Frau gefügig macht.“
„Ich
kann ihm noch einiges beibringen.“
Wieder
lachten die fremden Männer.
Dreckskerle!, dachte Jessica.
„Was
soll das? Verpisst euch, ihr Arschlöcher!“, pöbelte der Arzt mutig zurück.
Oho. Muttersöhnchen
kannte Schimpfwörter.
Er wurde Jessica langsam sympathisch.
Die
zwei Männer, die sich dem Pärchen in Kreisen näherten, hatten eine straff
gespannte, auffällig glatte und faltenlose Haut, die fast so bleich war wie
Papier. Das Weiße ihrer Augen war heller als bei Menschen, die Stimmen
einlullend und düster, die Bewegungen schnell und fließend. Mehr katzengleich,
denn menschlich, pirschten sie sich an ihre Opfer heran. Dies zusammen ließ nur
eine Schlussfolgerung zu:
Vampire .
Dass
sie auf offener Straße das Paar anzugreifen beabsichtigten, war Jessica Beweis
genug. Es mussten die Blutsauger sein, wegen denen sie hier war. Sie hatte
allerdings nur einen Abtrünnigen erwartet. Schnäppchen. Zwei für den Preis von
einem. Aber sie war allein. Verdammt.
Jessica zog ihre SIG und taxierte nochmals die Umgebung, ob sich noch mehr
Feinde zeigten, aber zum Glück konnte sie niemanden ausmachen.
Auf
Mike konnte sie nicht warten. Sie wollte die Menschen nicht ihrem Schicksal
überlassen und sie von den verfluchten Parasiten aussaugen lassen. Abgesehen
davon, dass die beiden Vampire sie bereits bemerkt hatten und zu ihr herüber
blickten. Da Jessica die typische olivgrüne Kleidung der Wächter trug,
erkannten sie umgehend, was sie war.
„Sieh
an, mein junger Freund. Eine Wächterin“, sagte einer von ihnen und schien sich
zu freuen sie zu sehen. Das würde sich bald ändern. Noch wusste er nicht, welchem
Wächter er gegenüberstand!
„Wächter,
misch dich nicht ein. Das hier geht dich nichts an“, zischte der größere von
ihnen und klang im Gegensatz zu seinem Kumpanen wütend. Er war untersetzt. Es
war der erste dicke Vampir, dem Jessica jemals begegnet war. Der Körper von
Verwandelten veränderte sich nicht mehr. Er konnte trainieren, so viel er
wollte, er würde immer ein Pummelchen bleiben. Scheiße, und gegen sein Gesicht
konnte er auch nichts machen. Seine Nase war so groß, dass es beinahe komisch
aussah. Pech für ihn.
„Was
soll das? Verschwinden Sie oder ich rufe die Polizei.“ Muttersöhnchen wurde
richtig sauer und baute sich vor seiner kleinen Freundin auf, die hinter seinem
Rücken Schutz suchte. Sein Handy lag schon einsatzbereit in seiner Hand.
Aha. Mit einer Handtasche
verhauen konnte Muttersöhnchens Darling ihn, aber wenn wirkliche Gefahr drohte,
sollte er sie trotzdem beschützen. Blöde
Kuh!, dachte Jessica.
„Ich
bin von der Polizei, Sir! Ich habe alles unter Kontrolle“, log Jessica, da sie
die Cops genauso wenig hier haben wollte, wie die Blutsauger, an die sie sich
jetzt wandte. „Ganz Recht, Parasit. Ich bin ein Wächter und ich knall dich
ab!“, sagte sie völlig kalt und schoss. Das Liebchen von Muttersöhnchen schrie
auf. Er hingegen reagierte erstaunlich besonnen, warf seine Freundin auf den
Boden und sich selbst schützend auf sie.
„Sie
können doch nicht einfach schießen“, rief der Arzt entsetzt. Wenn er wüsste
wer, nein was, diese Männer in Wirklichkeit waren, würde er sich nicht
daran stören, dass sie losgeballert hatte. Dennoch hoffte Jessica, dass er es
nicht erfahren würde.
Jessica
zog ihr langes Kampfmesser aus ihrem Stiefel. Ihre beiden Wurfmesser lagen noch
verborgen in den an ihren Unterarmen umgeschnallten Scheiden und warteten
geduldig auf ihren Auftritt. Die Jacke war weit genug geschnitten, dass sie
problemlos die Griffe ergreifen und sie herausziehen konnte.
„Miststück!“,
brüllte der dicke Vampir, auf den sie geschossen hatte. Er war mit einer
Geschwindigkeit ausgewichen, die kein Mensch erreichen konnte, dennoch hatte
Jessica ihn zweimal am linken Oberschenkel treffen können. So lange die
Blutsauger keine beträchtliche Menge Blut verloren, war dies bedauerlicherweise
keine Verletzung, die einen von ihnen länger als einige Sekunden aufhielt, da
ihre Wunden zu schnell heilten.
Beide
Vampire näherten sich Jessica. Der eine von rechts, der andere von links.
„Ich
rieche dein Blut, Wächterin. Mhm, welch ein ungewöhnlich anziehendes Aroma. So
verlockend, wie ich es bisher bei keinem anderen Menschen gerochen habe“, sagte
der kleinere, nicht dicke Vampir. Sein Haar war beinahe schwarz und hing ihm in
klebrigen Strähnen ins Gesicht. Erst als er näher kam, erkannte Jessica, dass
es frisches Blut war, das sein Haar
dunkler färbte und feucht glänzen ließ. Muttersöhnchen und seine Freundin wären
heute Nacht nicht ihre ersten Opfer gewesen.
Jessica
kämpfte gegen die Übelkeit an und stürmte auf den kleinen Vampir zu, der in die
Luft sprang, um sich von oben auf sie zu stürzen.
Jessica
machte einen Hechtsprung nach vorn, unter ihn hindurch, und drehte ihren Körper
im Flug einmal um die eigene Achse, damit sie mit dem Gesicht nach oben durch
die Luft glitt. Sie rammte ihr Messer geübt in den weichen Bauch über ihr und
schlitzte den völlig überraschten Blutsauger bis zu seiner Brust auf. Das würde
selbst einen Parasiten wie ihn etwas beschäftigen. Unsanft schlug sie mit dem
Rücken auf den Asphalt. Durch den harten Aufprall wurde ihr die Luft aus den Lungen
gepresst. Bei einem Kampf mit Vampiren konnte jede Rücksichtnahme auf Schmerzen
ihren Tod bedeuten, deshalb schoss Jessica schon im Fall und auch nach ihrer
Landung ununterbrochen auf den zweiten Blutsauger, der bereits auf sie zu
gerannt kam. Sie verfehlte ihn jedoch und fluchte. Auch jeder noch so kleine
Fehler konnte ihr Todesurteil sein, und sein Ziel zu verfehlen war weiß Gott
kein kleiner Fehler. Ihre Hand war
nass von dem kalten Blut des Vampirs und der Griff des Messers wurde dadurch
glitschig. Jessica musste aufpassen, dass sie es nicht fallen ließ. Der
magische, anziehende Duft von Vampirblut, nach Eisen und Minze, hüllte sie ein,
doch eine erfahrene Wächterin wie sie, ließ sich davon nicht ablenken.
„Rennt!
Los!“, rief sie dem Arzt und seiner Freundin zu. Letztere klammerte sich
kreischend an Muttersöhnchen. Beide waren jetzt fast so bleich wie die Vampire,
und lagen tatsächlich noch immer auf dem Bürgersteig und starrten Jessica und
die Vampire schockiert an …
(unter der Seite `Leseproben` könnt ihr weiter schmökern. Ich wünsche euch viel Spaß.)
Sehr schön und spannend geschrieben. Ich bin wirklich neugierig auf das Gesamtwerk und will gar nicht mehr warten. *rummaul*
AntwortenLöschenÜbrigens nochmal danke für das nette Gespräch am Abend. :)
Ich gehe jetzt weiter schmökern und denke, dass ich Spaß dabei haben werde. *gg*
Liebe Grüße
Leona
Vielen Dank! *freu*
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