Leseproben aus: `Die Schatten´ (Band drei)

 `Die Schatten - Zwischen Göttern und Teufeln, Band drei` erscheint im Mai 2014. In dem dritten Band meiner Reihe entführe ich euch einen großen Teil der Story in die "Zwischenwelt", in die Welt der Schatten und der ewigen Dämmerung.
























Auszug aus:
Kapitel eins

... Zum ersten Mal zweifelte Jeremias, ob sein Vater ihm wirklich seine Zustimmung geben würde, Jessica zur Gemahlin zu nehmen.
Jeremias seufzte und klopfte an die steinerne Tür. Hätte er vielleicht erst zu Alessina gehen und sie bitten sollen den Prinzen aufzusuchen, um Marcus´ Nachricht zu überbringen? Schließlich gehörte es sich nicht für einen Sklaven an die Tür des Prinzen zu klopfen. Aber Marcus hatte ihn geschickt und zudem war er nicht mehr nur ein Sklave. Er war jetzt der Sohn des Ersten Vampirs!
Jeremias hatte keine Zeit mehr sich den Kopf zu zerbrechen, denn die Tür wurde bereits geöffnet und eine hübsche Frau mit einem blonden Pferdeschwanz öffnete ihm. Sie hatte sich die Lider ihrer blauen Augen mit silbernem Lidschatten geschminkt und ihre Lippen mit einem glänzenden, blass rosafarbenen Lippenstift angemalt. Sie trug eine verwaschene, blaue Jeans und ein schwarzes T-Shirt, auf dem der glitzernde Schriftzug: Beiß mich! stand. Beiß mich? Wie wunderlich. Diese Vampirin hatte einen eigenartigen Sinn für Humor.

„Ich grüße dich. Ich möchte den Prinzen sprechen“, sagte Jeremias.
Sie grinste ihn breit an. „Ich grüße dich auch, Jeremias. Du bist aber kühl.“
Die Stimme gehörte doch – erst jetzt erkannte Jeremias sie. „Jekaterina?“, fragte er verblüfft. Was zum Teufel hatte sie sich angezogen?
Die hübsche, blonde Frau zwinkerte ihm locker zu und zog die Tür weit und einladend auf. „Die bin ich. Komm doch herein“, sagte sie auf Russisch und stolzierte mit schwingenden Hüften ins Zimmer. „John! Jeremias ist hier“, rief sie.

John?, wunderte sich Jeremias, kommentierte aber nicht, dass sie den Prinzen mit seinen Namen rief. Neugierig blickte er sich um. Der Raum war ungefähr zehnmal so groß wie seine Kammer. Die Wände waren hinter seidenen, weißen und roten Tüchern versteckt, die auch den Blick aus den Fenstern verbargen. Ein offener Durchgang führte in weitere Zimmer und in diesem Einlass erschien jetzt der Prinz.
Jeremias sank auf beide Knie, beugte sich nach vorn, bis seine Stirn den Boden berührte.

„Oh, Jeremias, ich grüße dich. Steh doch bitte auf. Wo ist Marcus?“, sagte der Prinz mit seiner weichen Stimme.
Jeremias erhob sich, hielt seinen Blick auf den Boden gerichtet. Der Prinz trat direkt vor ihn, sodass er sehen konnte, dass der kleine, schmächtige Mann, ebenso wie Jekaterina, eine blaue Jeans und weiße Turnschuhe trug, anstelle seiner üblichen dunklen Anzüge und eleganten Halbschuhe. Zum Teufel, wenn Jekaterina Marcus in diesem Aufzug unter die Augen trat, würde das seine Laune gewiss nicht verbessern.

Wie der Prinz antwortete Jeremias auf Russisch. Der Sohn des Königs war ein sehr höflicher Mann und würde es nicht gutheißen, wenn Jeremias eine Sprache wählte, die Jekaterina nicht verstand. „Ich grüße Euch, mein Prinz. Mein Vater war, als ich ihn verließ, durch seine Pflichten eingebunden. Er sendet Euch seine ehrenhaften Grüße und schickt mich zu Euch. Er bittet darum, dass Ihr Jekaterina wieder in seine Dienste entlässt. Er benötigt ihre Hilfe. Sie soll mich sofort begleiten, Herr.“

Der Prinz holte Luft, um zu antworten, aber bevor er dazu kam, schnaufte Jekaterina spöttisch. „Was könnte es schon geben, was der Erste Vampir nicht könnte, aber stattdessen ich?“
Jeremias hob erstaunt seine Augenbrauen und blickte zu ihr. Jekaterina lehnte an der großen Steintafel, die hier als Tisch diente, und hatte einen Fuß auf dem schwarzen Stuhl neben sich abgestellt. Sie verschränkte ihre Arme vor ihrer Brust und blickte provokativ zu ihm.

„Dein Herr befiehlt dich zu sich. Was gäbe es, was du noch wissen müsstest?“, fragte Jeremias ungeduldig und auch zornig. Wie konnte sie es wagen, dem Prinzen über den Mund zu fahren?
„Eigentlich bittet er den Prinzen darum. Marcus hat mir bisher gar nichts befohlen“, konterte Jekaterina süffisant.
Marcus? Erst spricht sie den Prinzen mit seinem Namen an und jetzt noch ihren Herrn? Was soll das? „Jekaterina!“, zischte Jeremias. „Wage es nicht so über unseren Gebieter zu sprechen, oder ich werde dich dafür bestrafen müssen.“ ... 


Auszug aus 
Kapitel Sieben:

... Marcus lehnte sich zurück und schlug seine Beine übereinander. „Niemand hat es gewagt mein Weib anzurühren, aber sage mir, Madleen. Kam nur Tom Sander zu dir oder auch seine Wächter? Mhm, vielleicht hat es dir sogar gefallen?“
„Was? Nein, mich hat keiner angefasst. Nicht auf diese Weise, du elender Hund“, zischte Madleen und richtete sich auf. Sie stellte sich hinter John und hielt sich an seinen Schultern fest.
„Wir sprechen lieber später, wenn wir allein sind, über deine Vergehen, meine Liebe“, sagte Marcus bedeutungsvoll.
„Vergehen? Wovon sprecht Ihr, Marcus?“, fragte John. Er legte seine Hand schützend auf Madleens. „Was werft Ihr Madleen vor? Ich wünsche, dass Ihr Euch sogleich erklärt. Vor mir! Bitte.“


„Wie Ihr wünscht, mein Prinz. Ich spreche davon, dass Madleen Euch, mich, ja sogar den König belogen hat“, sagte Marcus ruhig.
„So ein Unsinn“, unterbrach John ihn schon aufgebracht. „Ich will so einen haltlosen Vorwurf nicht hören.“
„Leider sind die Vorwürfe nicht haltlos, mein Prinz. Bezüglich ihrer Gefangenschaft, ihrer Flucht … nun, ich schätze in so ziemlich allem, was ihrem hübschen Mund entwichen ist, hat Madleen gelogen. Möglich, dass sie sogar nicht Tom Sanders Gefangene, sondern seine Geliebte gewesen ist.“ Marcus gab einen Schuss ins Blaue ab. Jeremias wusste, dass er von Anna nur sehr wenig hatte erfahren können, doch genug um zu erkennen, dass Madleen bei vielen Dingen gelogen und einiges verschwiegen haben musste. Aber Tom Sanders Geliebte? Nein, das nahm Marcus gewiss nicht an, aber wie beabsichtigt, hatte er so Johns volle Aufmerksamkeit und der eifersüchtige Prinz würde nun darauf bestehen, dass Marcus die Anklage hervorbrachte.
„Seine … was?“ John erbleichte. „ich will sofort wissen, was Ihr meint, erfahren zu haben! Sofort!“
Der Meister schaute zu Madleen, die in ihre Hände klatschte, als applaudierte sie Marcus und dabei kicherte sie wieder wie ein kleines Kind. „Ich war nicht seine Geliebte, du redest wirr. Tom Sander hat mich für seine Experimente missbraucht, so wie ich es sagte. Aber ich verstehe, worauf du eigentlich hinaus willst. Tom Sanders Tochter erinnert sich also. Sie weiß es!“ Madleen beugte sich erneut weit über den Tisch. Jeremias konnte ihre beinahe schwarzen Augen und zumindest Schemen ihres bleichen, wunderschönen Gesichtes in den Schatten der Kapuze erkennen. „Was hat sie dir gesagt? Kann man es aufhalten? Kann man es umkehren? Wird Anna Sander mir helfen?“


„Was aufhalten?“, fragte der Meister. „Wovon sprecht ihr?“
„Ist das der Grund, wieso du Anna Sander nachgejagt bist? Weil du ihre Hilfe brauchst? Wobei soll sie dir helfen?“, fragte Marcus. „Sage uns endlich die Wahrheit. Was hat Master Sander mit dir getan?“


„Das weißt du also nicht, ah? Sanders Tochter erinnert sich, aber noch nicht an alles … Nicht an das, was für mich wichtig ist.“ Madleen schnaufte. „Ah, ich hatte natürlich gute Gründe, warum ich Anna unbedingt finden musste! Ich hatte keine andere Wahl, als sie zu suchen. Ich bin mir sicher, dass nur sie mir helfen kann.“ Sie schnalzte mit ihrer Zunge und richtete sich gerade auf. Entschlossen zog sie ihren Ärmel nach oben und entblößte ihren schlanken Unterarm. „Seht!“ Mit ihren bloßen Nägeln riss sie sich vier blutige Kratzer in ihre Haut. Da sie eine Vampirin war, hätten die kleinen Wunden sich binnen Sekunden schließen und heilen müssen; doch sie taten es nicht. „Das hat Tom Sander mir angetan.“ ...




Auszug aus:
Kapitel zweiunddreißig
Marcus
148 Jahre vor Christi Geburt, Frühling



... „Ich gehe heute Nachmittag in den Senat. Eigentlich wollte ich dich fragen, ob du mich begleitest, doch wie mir scheint, spekulierst du lieber darüber, was für Töne ich den Sklavinnen entlocke.“
„In den Senat?“ Lucius ergriff begeistert Marcus´ Arm. „Nein, nein. Vergib mir. Ich will mit.“
„Vater! Vater“, schrie eine helle, piepsige Stimmte und schon kam ein kleines Mädchen von fünf Jahren, mit wehendem, schwarzen Haar auf Marcus zu gerannt. Ihr Kleidchen flatterte um ihre braungebrannten Beine und das runde Kindergesicht mit den leuchtenden, hellgrünen Augen lachte ihn an.
Marcus breitete seine Arme aus und fing den Wildfang auf, der sich auf ihn stürzte. „Mein Mädchen, was machst du hier?“ Er hob die Kleine auf seine Schultern.
„Mutter hat mich geschickt. Sie hat gesagt, Lucius soll aufhören dich zu verhauen und du sollst zu ihr kommen, weil sie dich so vermisst!“ Das Mädchen kicherte. „Sie wird bestimmt böse, wenn du nicht gehorchst und dich auch noch verhauen, also geh' lieber zu ihr.“
Marcus lachte über ihre Worte und Lucius zupfte seiner Schwester am Ohr, was sie lauthals protestieren ließ. „Mutter hat Vater gar nichts zu befehlen, Kleine. Er ist der Mann im Haus“, sagte Lucius maßregelnd. „Dem pater familias haben alle zu gehorchen.“
„Mutter aber nicht“, beharrte Antonia stur.

Marcus lachte wieder auf. „Ich bin mir nicht sicher, ob mich meine Stellung vor dem Zorn meiner Gemahlin schützt, mein Sohn. Komm! Sie wird Getränke für uns bereitstellen lassen haben und ich verdurste. Ist eure Mutter bei den Pfirsichbäumen, Antonia?“
„Ja.“ Antonia legte ihre beiden Händchen auf Marcus´ Kopf und er genoss das Gefühl, als sie zärtlich an seinen kurzgeschnittenen Haaren zupfte. „Lucius sieht aus, als wäre er von dir verhauen worden und nicht du von ihm.“
Lucius warf ihr einen verärgerten Blick zu. „Keiner wurde verhauen. Vater und ich haben gegeneinander gekämpft, wie es Männer machen.“
„Aber Vater hat keine blauen Flecken. Du siehst aus wie ein Sklave, der verhauen wurde“, bemerkte Antonia und kicherte.
„Halt' deinen Mund oder ich werde dich züchtigen, Antonia“, sagte Lucius streng. „Ich dulde es nicht, dass du so respektlos mit mir sprichst.“
„Dann sage ich es Mutter und die verhaut dich dann auch noch, wie Vater eben! Mich darf keiner schlagen!“, zischte Antonia selbstsicher.

Mittlerweile waren sie in dem begrünten Teil des großen, gepflegten Gartens angekommen, der sich in den Innenhof des Palastes erstreckte, den Marcus sein eigen nannte. Prunkstück der Gartenanlage war das riesige, rechteckige Villenbad. Diese Stadtvilla hatte er sich selbst gekauft. In der Provinz gab es noch ein größeres Anwesen, eine herrschaftliche Villa, die Marcus von seinem Vater geerbt hatte. Als einziger Sohn hatte er das Erbe nicht teilen müssen, als sein Vater vor einem Jahr verstarb.
„Antonia! Es ist genug. Du wirst deinem Bruder gehorchen.“ Sie waren bei den blühenden Pfirsichbäumen angelangt, unter denen Livia auf einer Liege lag und mit einem sanften Lächeln zu ihnen aufsah. Marcus hob seine Tochter von seinen Schultern, stellte sie neben sich auf ihre Füße und beugte sich dann zu Livia hinab, um ihr einen zärtlichen Kuss auf ihre duftenden Lippen zu geben. „Cor meum, mein Herz. Ich hörte, du hast nach mir verlangt? Ich hoffe, dass du mich nicht verhauen wirst.“ Marcus zwinkerte Antonia zu, die ihr Gesicht kichernd hinter ihren Händen versteckte und dann Lucius die Zunge herausstreckte.
Lucius schnaufte. „Ich gehe ins Haus. Mutter, Vater!“ Er verbeugte sich leicht und stapfte davon.
Livia lachte und um ihre Augen bildeten sich dabei kleine Lachfältchen. Sie lag im Schatten, hatte sich eine apricotfarbene Pfirsichblüte hinters Ohr gesteckt und  rückte jetzt ein Stück zur Seite, bevor sie neben sich klopfte. „Komm, setze dich zu mir. Soll ich Antonia schicken, dass sie eine Sklavin holt, die dir Essen bringt?“
Marcus schüttelte seinen Kopf und goss etwas verwässerten, mit Honig gesüßten Wein in einen Becher. Ein reich gefüllter Tonkrug mit dem gekühlten Wein und weitere Trinkgefäße standen auf einem kleinen Tischchen neben Livias Liege. Marcus setzte sich zu seiner Frau und reichte ihr das Getränk. Hier im Schatten des Baumes ließ es sich besser aushalten als auf dem vor der Sonne ungeschützten Übungsplatz. Es war der kühlste Platz im Garten und zugleich der Lieblingsort seiner Frau. „Trink, Livia. Es ist sehr warm heute“, sagte er fürsorglich und griff neben sich, um auch für sich einen Becher zu füllen.
„Nein, danke. Ich habe keinen Durst. Ich habe gerade erst einen ganzen Liter Ziegenmilch getrunken.“ Livia lächelte ihn zaghaft an.

Marcus stutzte und stellte den Krug mit dem Wein und den zweiten Becher zurück auf den Tisch. Mit zusammengezogenen Augenbrauen sah er auf Livias flachen Bauch und legte eine Hand darauf. „Du- Du-?“
Livia lachte, doch Marcus hörte Verunsicherung und nicht Freude heraus. Sie wandte sich an ihre Tochter, die auf dem Boden mit den herabgefallenen Pfirsichblüten spielte. „Antonia, geh' ins Haus.“ Sie reichte Marcus den weingefüllten Becher zurück.
„Oh, wieso? Ich will nicht“, maulte das Mädchen.
„Tu', was deine Mutter sagt!“, befahl Marcus in einem schneidenden Ton, der Antonia zusammenzucken ließ. „Sofort!“

„Ja, Vater“, sagte sie hastig, da sie wusste, wie schnell die Stimmung ihres Vaters umschlagen und kein Spaß mehr mit ihm zu treiben war. Wie jeder im Haus ängstigte auch sie sich vor ihm, wenn er wütend wurde. Das Mädchen rannte davon und Marcus trank seinen Wein in einem Zug aus. Erst dann sah er wieder zu seiner Gemahlin.
Livias Lächeln war verschwunden und in ihrem besorgten Gesichtsausdruck spiegelte sich nicht nur Verunsicherung wieder, sondern auch ein Hauch von Furcht. „Marcus … du solltest dich freuen“, flüsterte sie leise und wich seinem Blick aus ...





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